Sonntag, 15. April 2012

Szene 5: Vor dem Tor

Es ist Ostern und die Dorfbewohner begeben sich auf die Straßen um die Auferstehung Jesus zu feiern. Sie befinden sich alle in ausgelassener, fröhlicher Stimmung und singen, wobei sich die Männer vor allem viel über verschiedene Frauen unterhalten ("gewiss dort findet ihr die schönsten Mäschen",V.814-815; "dort hinten kommen zwei, sie sind gar niedlich angezogen, 's meine Nachbarin dabei", V.837 ff.). Schließlich erscheinen Wagner und Faust und es wird deutlich, dass sich Faust von seiner starken Verzweiflung bereits erholt hat, da er mit Freude die Feier beobachtet und sich in der Menge der Menschen, die an diesem Tag all ihre Sorgen vergessen zu scheinen, sichtlich wohlzufühlt ("Sie feiern die Auferstehung des Herrn, denn sie sind selber aufgestanden", V.921-922; "Hier ist des Volkes wahrer Himmel", V.938; "Hier bin ich Mensch, hier darf ichs's sein", V.940). Wagner hingegen macht deutlich, dass er die Ausgelassenheit der Dorfbewohner verachtet, da sie für ihn "vom bösem Geist getrieben" (V.946) sind. Als die beiden Männer auf die Dorfbewohner treffen, verhalten diese sich mit großem Respekt und Ehrerbietung für Faust und bewundern seine Arbeit als Arzt (V.981 ff). Doch auch die besonderen Taten von Fausts Vater werden vom alten Bauern als großes Geschenk angesehen, sodass dieser zuletzt als ein Lebensretter dargestellt wird (V. 998-999).
Schließlich gehen Faust und Wagner weiter und entfernen sich von der fröhlichen Menge, sodass Faust wieder in eine nachdenkliche Stimmung verfällt und die Taten seines Vater, die kurz zuvor so angepriesen wurden, nun bedauert, da dieser, statt den kranken Menschen zu helfen, viele in den Tod getrieben hat, indem er statt einer gesundheitsfördernden Medizin ein Gift hergestellt hat, dem viele Kranke zum Opfer fielen. Besonderer Scham kommt in Faust angesichts der Tatsache auf, dass er dieses Gift auch persönlich verabreicht hat (V. 1034 ff).
Zusammenfassend ist Faust schockiert, dass sein Vater dennoch nie für diese Morde von den Menschen in ihrer Unwissenheit verurteilt wurde, sondern stattdessen sogar noch als ein ehrenhafter, selbstloser Retter beschrieben wird ("Sie welkten hin, ich muss erleben, dass man die frechen Mörder lobt", V. 1054-1055).
Am Ende der Szene kommt in Faust erneute Wehmut über die Begrenztheit der menschlichen Erkenntnis und die vielen Irrtümer, mit denen sie leben, auf (V. 1064 ff).
Er erklärt Wagner außerdem, dass in ihm zwei Seelen wohnen, die eine sehnt sich nach dem menschlichen Leben, das er kurz zuvor bei den Feierlichkeiten so genossen hat. Der andere Teil Fausts sehnt sich danach, die Grenzen der Menschlichkeit zu übersteigen und aus der gewohnten Umgebung zu fliehen und neue Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln (V.1112 ff).

In diesem Kapitel wird mir endlich deutlicher, in welchem Zwiespalt sich Faust befindet, der zwar im vorangegangenem Kapitel schon angedeutet wurde, jedoch für mich noch nicht ausreichend klar wurde.
Hier zeigt gerade das Osterfest das Leben der Menschen, die nur zu solchen Festlichkeiten ihrem Altagstrott entfliehen können. Faust scheint sich in der Gesellschaft der Dorfbewohner sehr wohlzufühlen, womöglich weil sie ihm ein Leben vor Augen führen, dass zwar zum Teil von Naivität und Begrenztheit bestimmt ist, aber dafür nicht von den tiefgründigen Zweifeln und Sehnsüchten, die Faust verspürt.
Allgemein ist Faust in meinen Augen aber auch eine sehr emotionale und sogar launische Person, da seine Stimmungen sehr stark durch seine Umgebung beeinflusst werden und es wird sehr deutlich, dass er jede ruhige Minute damit verbringt, einen Blick auf sein Leben, seine Sehnsüchte und Sorgen zu werfen. Die Beschreibungen seiner Sehnsüchte nach fernen Ländern, die ein Teil seiner Seele verspürt, empfinde ich hierbei als sehr träumerisch und detaiiliert, wodurch seine weitreichende Phantasie, aber in denen auch eine gewisse Selbstüberschätzung deutlich wird, da er sich nicht mehr als ein normaler Mensch sehen will, sondern eine höhere Stellung und Macht anstrebt.

5 Kommentare:

  1. danke für diese wunderbare analyse

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  2. danke für diese wunderbare analyse

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  3. Hat ja super funktioniert mit den vielen Kommentaren hahahahahhahahahahahahhahahahahahahah

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  4. Wieso hat Goethe V. 808- 902 eingebaut

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