Sonntag, 15. April 2012

2. Teil zu "Nacht"

Nachdem der Leser einen ersten Eindruck von der Figur Faust, seinem Bildungsstand und seiner Gefühlslage erhalten hat, wird ein Wandel im Kapitel "Nacht" deutlich, da Fausts depressive, verzweifelte Stimmung einem hoffnungsvollem Ausblick weicht, der doch noch seinen Durst nach weiterer Erkenntnis mithilfe der Magie stillen könnte, indem er einen Geist heraufbeschwört (V. 475- 480). Während Faust euphorisch auf das Erscheinen des Geistes reagiert, ist dieser schnell durch Fausts Selbstüberschätzung verägert, der sich dem Geist nah fühlt (V. 511) und sich sogar als einen, dem Geist ebenbürtigen Menschen, bezeichnet (V. 500). Der Geist macht dem übermütigen Faust jedoch schnell klar, dass dieser lediglich ein unbedeutender Mensch ohne besondere Fähigkeiten ist ("Ein furchtsam weggekrümmter Wurm", V. 498; "Du gleichst dem Gott den du begreifst, nicht mir!", V.512-513). Daraufhin verschwindet der Geist. Durch Fausts lautes Flehen an den Geist und seine bestürzten Ausrufe nach dessen Verschwinden, erscheint die Figur Wagner, die in dieser Nacht durch Fausts laute Stimme geweckt wurde (V.522). Die beiden Männer unterhalten sich über das Erlangen von Erkenntnis, wobei Wagner Fausts Verzweiflung nicht nachvollziehen kann, da er selbst der Wissenschaft sehr opitmistisch gegenübersteht. Außerdem scheint es für Wagner nicht möglich zu sein, so tiefgründige Gedanken zu entwickeln wie Faust, was ihm ein weiteres Hindernis ist, diesen aufheitern zu können.
Nachdem Wagner wieder gegangen ist, verfällt Faust erneut in eine tiefe Melancholie, in der er sich, ausgelöst von der kurzen Anwesenheit des Geistes, seiner Unbedeutenheit im Universum bewusst wird ("Ach! Die Erscheinung war so riesengroß, dass ich mich recht als Zwerg empfinden sollte", V. 612-613). Schließlich ist Faust so verzweifelt, dass er sich mithilfe einer Schale Gift das Leben nehmen möchte (V.735 ff.).
Doch kurz bevor er das Gift trinkt, tritt ein Engelschor auf und hindert den verzweifelten Wissenschaftler somit am Selbstmord. Dieser Gesang gibt Faust neue Hoffnung. Auch wenn ihn der Glaube an Gott fehlt, schöpft er, hervorgerrufen durch die Erinnerung an seine schöne Jugend, wieder neuen Lebensmut (V. 765-770).

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